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5.7 Verwendung durch Menschen mit Behinderungen

Ein Werk darf ohne die Zustimmung des Urheber/der Urheberin in einer Form vervielfältigt werden, die für Menschen mit Behinderungen zugänglichen ist, soweit diese das Werk in seiner bereits veröffentlichten Form nicht oder nur unter erschwerenden Bedingungen sinnlich wahrnehmen können (Art. 24c URG).

Vorab sei angemerkt, dass nur ein Werk, welches bereits erstmals mit dem Einverständnis des Urhebers oder der Urheberin und auf die von ihm/ihr gewünschte Weise veröffentlicht wurde (Art. 9 Abs. 3 URG), unter diese Ausnahmeregelung fällt.

Der Begriff Menschen mit Behinderungen ist in Art. 2 Abs. 1 BehiG (Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen) definiert: «[…] Mensch mit Behinderungen (Behinderte, Behinderter) [bedeutet] eine Person, der es eine voraussichtlich dauernde körperliche, geistige oder psychische Beeinträchtigung erschwert oder verunmöglicht, alltägliche Verrichtungen vorzunehmen, soziale Kontakte zu pflegen, sich fortzubewegen, sich aus- und weiterzubilden oder eine Erwerbstätigkeit auszuüben.»

Werke, die unter diese Schrankenbestimmung fallen, müssen sinnlich wahrnehmbar sein, aber in ihrer bereits veröffentlichten Form für behinderte Menschen nicht oder nur unter erschwerenden Bedingungen sinnlich wahrnehmbar sein.

Art. 24c URG erlaubt die Anpassung der Form des Werks durch Vervielfältigung in einer behinderten Menschen zugänglichen Weise. Nicht nur Vervielfältigungen des Werks sind zulässig, sondern auch seine Verbreitung, sofern diese nicht zu Gewinnzwecken erfolgt.

Erlaubt sind Anpassungen, wie etwa Untertitelungen, Einfügen spezifischer Sprachen (z. B. Braille-Alphabet), Grossdruck, Tonaufnahmen von Texten etc. Ansonsten sind die Urheberpersönlichkeitsrechte des Urhebers oder der Urheberin zu wahren. Einschliesslich der Pflicht, das Originalwerk zu zitieren.

Die genannten Werkexemplare dürfen nur für den Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen und ohne Gewinnzweck hergestellt und in Verkehr gebracht werden. Sie dürfen nur Menschen mit Behinderungen zugänglich gemacht werden. Ihre Verbreitung ist somit zu kontrollieren und der Personenkreis entsprechend zu beschränken. Die betreffenden Werke dürfen unter dieser Ausnahmeregelung keinem breiteren Publikum zur Verfügung gestellt werden.

Zudem darf ihre Verbreitung keinen Gewinn abwerfen, sondern ausschliesslich die Kosten decken. Wenn mit derart angepassten Werken mit Gewinn gehandelt werden soll, ist das Einverständnis des Urhebers oder der Urheberin einzuholen.

Der Urheber oder die Urheberin hat Anspruch auf Vergütung für die Vervielfältigung und Verbreitung der betreffenden Werke, diese können aber nur von der zuständigen Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden (Art. 24 c Abs. 4 URG). Sofern es sich nur um die Herstellung einzelner Werkexemplare handelt, fallen für die Nutzung keine Gebühren an (Art. 24 c Abs. 3 URG).

Am 1. April 2020 wird das revidierte schweizer Urheberrechtsgesetz (URG) in Kraft treten und einige Änderungen mit sich bringen. Wir werden bemüht sein diese Seite so bald wie möglich zu aktualisieren.

FAQ

5.7-1 Was ist ein “verwaistes Werk” gemäss Art. 22b URG?

“Verwaiste Werke” sind Werke auf Tonträger (z.B. Musik auf CDs, Schallplatten usw.) oder Tonbildträger (z.B. Video auf VHS, DVD usw), welche mindestens vor zehn Jahren in der Schweiz hergestellt oder vervielfältigt wurden und Bestand eines öffentlich zugänglichen Archivs oder Archivbestand von Sendeunternehmen ist und deren Urheber oder Rechteinhaberinnen unbekannt oder unauffindbar ist.

5.7-2 Ich habe im Internet ein Bild gefunden, welches ich auf meinem Blog posten möchte. Ich kann nicht erkennen wer der Urheber des Bildes ist. Ist das ein verwaistes Werk nach Art. 22b URG?

Nein, das gefundene Bild ist kein “verwaistes Werk”. Nicht jedes Werk mit unbekannten Urhebern ist ein “verwaistes Werk” im rechtlichen Sinne. Erstens muss das Werk auf einem Tonträger oder Tonbildträger enthalten sein. Zweitens muss das Werk Bestandteil eines öffentlich zugänglichen Archivs oder des Archivs eines Sendeunternehmen sein. Bevor der Autor des Werks als unbekannt oder unauffindbar gilt, muss Nachforschung betrieben werden. Vor der Nutzung eines “verwaisten Werkes” ohne Zustimmung des unauffindbaren oder unbekannten Rechteinhabers, muss die nutzende Person das Nutzungsvorhaben der zuständigen Verwertungsgesellschaft melden und die entsprechenden Gebühren bezahlen. Im vorliegenden Fall ist das gefundene Bild kein Bestandteil eines öffentlich zugänglichen Archivs oder Archivbestand eines Sendeunternehmens. Aus diesem Grund gilt das Bild nicht als “verwaistes Werk” und kann nicht gestützt auf diese Schrankenbestimmung verwendet werden.

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